Ich balanciere mein Klemmbrett auf dem Schoß, Füllfeder und Schreibheft darauf, ich wollte weiterarbeiten an meinem Text, der in den letzten Tagen hier entstanden ist beim Writers‘ Retreat. Stattdessen sitze ich einfach nur, schaue auf die nassen Tische und Stühle, auf denen wir gestern noch in der Sonne saßen, nippe an meinem Espresso. Und ich horche. Höre Annie Lennox zu, die mir über meine guten Kopfhörer ins Ohr singt und direkt ins Herz: „No more I love you’s. The language is leaving me in silence…“
Das trifft mich, tief, es berührt und bewegt mich, Tränen steigen hoch aus dieser Tiefe. Dann muss ich plötzlich lachen: Was, wenn Annie Lennox sich irgendwann gedacht hätte: „Ach, es genügt mir, wenn ich einfach unter der Dusche singe!“? Wie viel an Berührtheit und Inspiration hätte schon alleine ich in diesen paar Tagen in Venedig nicht gehabt? Und hochgerechnet auf die Jahre, Jahrzehnte und auf all die Menschen, die geweint und gelacht, getanzt und mitgesungen haben, zur Stimme und zu den Texten von Annie Lennox? Ja, doch. Ich darf rausgehen mit dem, was ich zu sagen habe. Darf meine Voice erheben, halt im geschriebenen Wort statt im Gesang. Auf die Chance hin, dass irgendwer irgendwo irgendwann davon berührt ist oder inspiriert. So gesehen eigentlich auch meine Pflicht.