Ich konnte nicht mehr still sitzen, nicht mehr denken, darum laufe ich jetzt um den Block. Hier in Venedig heißt das: Raus aus dem Seminarraum, am Arkadenhof und am Café vorbei, raus durchs große Tor, an der Baustelle vorbei und an der Kirche, über den Campo bis vor zum Meer. Dann die Fondamenta Nove, also am Wasser entlang, Stufen rauf, Stufen runter über eine Brücke, durch eine schulterbreite Gasse zwischen den Häusern durch, bei der Steinstatue der schlafenden Schönen vorbei, rechts abbiegen, gleich wieder links, dort wo ein kleiner Platz zum Kanal hin offen ist und wo ich gestern dem Müllboot bei der Arbeit zugeschaut habe.
Im Takt meiner Schritte wiederhole ich dieselben Fragen immer und immer wieder: Was willst du? Warum gerade jetzt? Schon geht es wieder nach rechts, treppauf, treppab, das lange Gemäuer unseres Hostels entlang, das irgendwann mal dem Orden der crociferi gehörte und viel später zu einem Studierendenheim mit Gästezimmern umgebaut wurde, noch einmal ums Eck und schon bin ich wieder beim Tor. Den Arkadenhof entlang verlangsame ich meinen Schritt, komme zur Ruhe und dann wieder hinein in den Seminarraum. Alle heben kurz den Blick von ihren Heften, ein stummes: Alles okay?, sie lächeln mich an, dann schreiben wir alle weiter.